Handlungsfelder für klimafreundliche Gesundheitseinrichtungen

Handlungsfeld Resilienz

Fokussiere all deine Energie nicht auf das Bekämpfen des Alten, sondern auf das Erschaffen des Neuen.“

(Sokrates, Griechischer Philosoph, 469 v. Chr. – 399 v. Chr.)

Warum ist das Handlungsfeld Resilienz wichtig?

Der Begriff Klimaresilienz erweitert den Begriff der Klimaneutralität um die Anpassung an klimawandelbedingte Veränderungen. Vor allem Hitzewellen und Luftverschmutzung erhöhen die Morbidität der Gesellschaft und belasten dadurch das Gesundheitswesen in zweifacher Weise: Ein hoher Krankenstand bei bereits bestehendem Fachkräftemangel trifft auf ein erhöhtes Patientenaufkommen.

Aus arbeitsmedizinischer Perspektive ist es daher erforderlich, die Mitarbeiter:innen in Krankenhäusern vor physischen und psychischen Schäden zu bewahren. Dies kann durch die Anpassung von Arbeitsbedingungen, Zeit- und Raumkonzepten erreicht werden, muss jedoch in erster Linie durch eine nachhaltigere Betriebsführung im Gesundheitswesen realisiert werden.

Welche Herausforderungen gibt es im Handlungsfeld Resilienz, am Beispiel von Hitze?

Hitze stellt das größte klimawandelbedingte Gesundheitsrisiko für Menschen in Deutschland dar. Bereits jetzt kommt es zu mehreren Hundert bis mehreren Tausend hitzebedingten Todesfällen pro Jahr – in Rekordsommern schätzungsweise bis zu 10.000.

Die Kommunen, das Gesundheitswesen und die Versorgungssysteme in Deutschland sind auf Hitzewellen nicht hinreichend vorbereitet. Es mangelt an der flächendeckenden Umsetzung von kommunalen Hitzeaktionsplänen sowie institutionellen Hitzemaßnahmenplänen in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens.

Für wen hat das Handlungsfeld Resilienz – mit Fokus auf Hitze – die größte Relevanz?

Besonders anfällig für hitzebedingte Schäden sind ältere Personen und Menschen mit chronischen Vorerkrankungen, wie z.B. Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen, Diabetes und neurologischen Erkrankungen. Aber auch Schwangere, Säuglinge, Kleinkinder und alle Personen, die unter freiem Himmel arbeiten oder Sport treiben sind speziell gefährdet. Häufig betreffen hitzebedingte Erkrankungen und Todesfälle auch alleinstehende, sozial isolierte Personen sowie Obdachlose und Menschen in prekären Wohnsituationen. Aufgrund des Wärmeinseleffekts sind Bewohner:innen von Städten grundsätzlich stärker betroffen als Menschen in ländlichen Bereichen.

Das Risiko für Gesundheitsgefährdungen durch Hitzewellen steht im starken Kontrast zum Stand der Vorbereitungen in Deutschland. Der Lancet Countdown Policy Brief für Deutschland 2021 konstatiert: Deutschland ist für den Katastrophenfall durch große Hitzewellen nicht gerüstet. Erst wenige Kommunen haben bisher Hitzeaktionspläne zum Schutz der Gesundheit umgesetzt, wobei die zentrale Einbindung von Akteur:innen aus dem Gesundheitssektor noch nicht ausreichend gelungen ist. Auch fehlen umfassende Hitzemaßnahmenpläne in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens, in denen sich vulnerable Menschen aufhalten, betreut oder behandelt werden oder ihren dauerhaften Wohnsitz haben.

Das KliMeG-Team bedankt sich ganz herzlich beim KLUG-Hitzeteam für die Bereitstellung der Informationen!

Welche Maßnahmen für die Hitzeresilienz werden bereits umgesetzt?

Laut dem Deutschen Ärzteblatt beauftragte die Deutsche Krankenhausgesellschaft im Jahr 2022 das Deutsche Krankenhausinstitut mit einer Befragung aller deutschen Krankenhäuser zum Thema „Umsetzung von hitzebezogenen Anpassungsmaßnahmen“.

Die Ergebnisse der 263 teilnehmenden Einrichtungen zeigten, dass nur 9% der Krankenhäuser solche Anpassungen intensiv vorangetrieben haben, während 45% sie in moderatem Maße integriert haben. Bei 37% waren die Anpassungen gering und 9% haben gar keine Maßnahmen in dieser Hinsicht ergriffen. Ein Großteil, nämlich 80%, wählte Schattierungslösungen in Form von baulichen Strukturen, Bäumen oder Jalousien, um die Wärmebelastung zu reduzieren. Außerdem haben 74% der befragten Einrichtungen wärmedämmende Fenster eingebaut und 47% Dach- und Wandbegrünungen etabliert.

Das Wohlgefühl der Patient:innen, das durch ansteigende Temperaturen sowie die Zunahme von heißen Tagen und tropischen Nächten gefährdet wird, ist von zentraler Bedeutung. Obwohl Klimaanlagen nicht in allen Bereichen der Krankenhäuser der Standard sind, werden sie oftmals zur Abkühlung eingesetzt: Hierbei finden sie vor allem bei der Klimatisierung medizinisch-technischer Geräte und Abwärme produzierenden IT-Infrastrukturen Anwendung – jedoch nicht im Patient:innen-Zimmer. Ein weiterer Kritikpunkt an Klimaanlagen ist ihr hoher Energieverbrauch, welcher den Klimawandel weiter beschleunigt, wenn der Strom nicht aus erneuerbaren Energien stammt.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Krankenhäuser sowohl ihre Patient:innen vor den Folgen des Klimawandels schützen als auch proaktiv zur Bekämpfung desselben beitragen.

Womit kann ich direkt anfangen?

Wir haben für Sie 10 Schritte zusammengestellt, wie Sie im Sommer schnell für Hitzeschutz in Ihrer Einrichtung aktiv werden können:

Best Practice Beispiel

RoMed Klinikum Rosenheim: Das Krankenhaus hat für seine Mitarbeitenden einen Poket Guide Hitzeschutz erstellt, das als Informations- und Schulungsmaterial dient und hitzeassoziierten Beschwerden vorbeugen kann.

Exkurs: Hitzeschutz aus arbeitsmedizinischer Sicht

Die Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes orientieren sich am STOP-Prinzip, das eine Maßnahmenhierarchie mit absteigender Priorisierung für den Einsatz von Gefahrstoffen definiert: Substitution vor technischen und organisatorischen Maßnahmen, gefolgt von persönlichen Schutzmaßnahmen. Die sich daraus ergebende Verhältnis- und Verhaltensprävention kann sowohl in der Arbeitswelt als auch abseits davon wirksam werden. (Quelle: Ausschuss für Gefahrenstoffe, 2019)

Folgende Maßnahmen können exemplarisch aufgeführt werden:

  • Substitution:
    • Patient:innenströme reduzieren durch…
      • Hitzeschutz-Präventivmaßnahmen in den Kommunen
      • Bereitstellung von klimatisierten Aufenthaltsräumen für Bürger:innen
      • Verlegung von hitzeexponierter Arbeit in frühe Morgen- oder Abendstunden
      • Sicherstellung der ambulanten sozialen und medizinischen Versorgung, besonders durch Hitze gefährdeter Bevölkerungsgruppen
    • Informationskampagnen für risikominimierendes Gesundheitsverhalten in Bezug auf…
      • Hitze-, UV- und Ozon-Exposition
      • Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme
      • Hitzeadaptierte Anwendung von Medikamenten
      • Konsum von psychoaktiven Substanzen
      • Selbsthilfe im Notfall
      • Förderung gegenseitiger ziviler (Nachbarschafts-)Hilfe
      • und de facto in der Kausalkette als Erstes zu nennen: Vermeidung des Ausstoßes klimaschädlicher Treibhausgase
  • Technische Maßnahmen: Zumeist bauliche Maßnahmen mit Priorisierung der Hauptarbeitsbereiche
    • Äußere Gebäudebeschattung
    • Hitzeschutzfolien für sonnenlichtexponierte Fenster
    • Begrünung von Dachflächen und Außenwänden
    • Renaturierung von versiegelten Bodenflächen
    • Aktive Raumklimatisierung (priorisiert und unter Berücksichtigung der CO2-Bilanz)
  • Organisatorische Maßnahmen:
    • Bereitstellung von in Anzahl ausreichendem und in Qualifikation den Umständen angemessenem Personal
    • Verlagerung der Tätigkeiten in Hauptarbeitsbereiche, die durch technische Maßnahmen hitzegeschützt wurden
    • Erhöhte Pausenfrequenz mit Möglichkeit des Aufenthalts in klimatisierten Räumen
    • Begrenzung der Arbeitszeit, priorisierte Verlagerung von Tätigkeiten auf kühlere Tageszeiten
  • Persönliche Schutzmaßnahmen:
    • Kühlende Kleidung und Kühlwesten
    • Bereitstellung von Getränken
    • Kühlpausen in klimatisierten Räumen (überlappend mit technischem und organisatorischem Arbeitsschutz)

Im Rahmen der ganzheitlichen arbeitsmedizinischen Vorsorge sollten Beschäftigte zudem die Möglichkeit bekommen, über die gesundheitlichen Risiken der Ausübung ihrer Tätigkeit unter Hitzebedingungen und entsprechende Präventionsmaßnahmen individuell ärztlich beraten zu werden.

Materialien und Link-Tipps

Ihre Projekte

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Wir freuen uns über Ihre Anregungen, um unsere Arbeitsbereiche kontinuierlich zu optimieren. Kontaktieren Sie uns hierzu gerne unter info@klimeg.de.

Ansprechpartner:in

Anne Hübner

Ihre Ansprechpartnerin für das Thema Resilienz

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