- Warum ist das Handlungsfeld Abfall wichtig?
- Gesetzesgrundlage und Richtlinien
- Welche Herausforderungen gibt es im Handlungsfeld Abfall?
- 1. Abfallvermeidung
- 2. Abfalltrennung und Recycling
- 3. Umweltverträgliche Entsorgung
- Womit kann ich direkt anfangen?
- Langfristige Maßnahmen
- Co-Benefits
- Best Practice Beispiele für das Handlungsfeld Abfall und Reycling
- Materialien und Link-Tipps
- Ihre Projekte
- Ansprechpartner:in
5 % der Treibhausgasemissionen des Gesundheitssektors entstehen im Handlungsfeld „Abfall und Recycling“.
Warum ist das Handlungsfeld Abfall wichtig?
Im Gesundheitswesen fallen jährlich große Abfallmengen an, die je nach medizinischen Disziplinen einer Einrichtung, oft sehr spezifische Gegenstände oder Flüssigkeiten umfassen. Die Entsorgung dieser Abfälle ist eine verantwortungsvolle logistische Aufgabe, die hygienischen, infektiologischen und datenschützenden sowie ökologischen Anforderungen genügen muss. Das Statistische Bundesamt benennt für das Jahr 2017 ca. 4,8 Millionen Tonnen Abfall, die in den knapp 2.000 deutschen Krankenhäusern entstanden sind und damit mehr als ein Prozent des bundesdeutschen Gesamtabfallaufkommens (401 Millionen Tonnen) verursachten. Pro Krankenhausbett und Patient:in entstehen demnach ca. 20 kg Müll täglich. (Quelle: umweltzoneberlin.de)
Bezüglich des CO2-Fußabdrucks gibt es nur schwankende Angaben, jedoch kann man kann aber davon ausgehen, dass der Abfall und seine Entsorgung etwa 5 % der Emissionen eines Krankenhauses ausmachen.
Gesetzesgrundlage und Richtlinien
Das deutsche Abfallrecht bildet die gesetzliche Grundlage für das Infektionsschutz-, Arbeitsschutz-, Chemikalien- und Gefahrgutrecht. Der gesetzliche Rahmen wird in der Mitteilung 18 der LAGA (LAGA – Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall) bundesweit beschrieben.
Der § 6 Abs. 1 des bundesweiten Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) regelt Maßnahmen der Abfallbewirtschaftung mit folgender Rangfolge:
- Vermeidung
- Vorbereitung zur Wiederverwendung
- Recycling
- Sonstige Verwertung
(insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung) - Beseitigung
Welche Herausforderungen gibt es im Handlungsfeld Abfall?
Gemäß dem deutschen Abfallrecht sind in Gesundheitseinrichtungen drei Themenbereiche besonders zu beachten:

1. Abfallvermeidung
Abfälle gar nicht erst entstehen zu lassen, hat oberste Priorität in der Abfallwirtschaft. Dadurch werden nicht nur Abfallmengen und deren Umweltbelastung reduziert, sondern auch Rohstoffe und Energie eingespart. Daher ist der erste Schritt zur Optimierung des Abfallmanagements einer Gesundheitseinrichtung, zu überprüfen, welche Maßnahmen zur Abfallvermeidung bereits umgesetzt werden, welche verbessert werden können und welche weiteren Schritte sinnvoll wären. Alles, was nicht eingekauft und entsorgt werden muss, spart Kosten und bietet dadurch ökonomische und ökologische Vorteile.
Die Beschaffung von verpackungsarmen Artikeln, der Einsatz von Mehrweg- statt Einwegprodukten sowie von Recyclingprodukten trägt zudem zu einer Müllreduktion bei. Viele alltägliche Gegenstände im Gesundheitswesen sind, begründet durch das Stichwort „Hygiene“, mit besonderen Umverpackungen versehen. Als Lösung hierfür sollten, gemeinsam mit der Hygieneabteilung, Konzepte und Leitfäden entwickelt werden, unter welchen Umständen unverpackte Produkte genutzt werden dürfen. Der Einsatz vieler Einwegprodukte erfolgt ebenfalls oft aus hygienischen Gründen, manchmal spielen jedoch ausschließlich ökonomische Vorteile die entscheidende Rolle. An dieser Stelle wird die Notwendigkeit einer CO2-Bepreisung deutlich: Würden zukünftig Treibhausgasemissionen in die Preiskalkulation miteinfließen, würde das Auswirkungen auf den Preis von Einwegprodukten haben, die dadurch unattraktiver werden.
Des Weiteren spielt ein bewusstes Verhalten der Mitarbeitenden eine wichtige Rolle bei der Abfallvermeidung: Vor jedem „Aufreißen“ einer sterilen Verpackung oder eines Sets sollte überlegt werden, ob das Produkt tatsächlich gebraucht wird. Als weiteres Beispiel dient die Koordination von ärztlichen Visiten mit Verbandswechselrunden. Hierdurch kann mehrfaches Verbinden der gleichen Wunde vermieden werden, was sowohl Patient:innen als auch die Umwelt schont.
2. Abfalltrennung und Recycling
Als Recycling wird in diesem Kontext das Sammeln und Trennen von wiederverwendbaren Materialien als Ressourcen für die Herstellung neuer Produkte verstanden. Die Nutzung von recycelten Produkten finden Sie im Handlungsfeld Lieferkette, Beschaffung und Kreislaufwirtschaft.
Die Abfalltrennung wird in vielen deutschen Haushalten akribisch betrieben, in Einrichtungen des Gesundheitswesens dagegen oft nur ungenügend. Hier scheitert sie meist an niedrigen Hürden, wie beispielsweise dem fehlenden Platz für eine dezentrale Trennlogistik. Architektonisch bieten Bestandsbauten oft keine Möglichkeit für das Aufstellen verschiedener Abfallbehälter und auch bei Neubauten wird dies meist ungenügend eingeplant. Eine Beispielsituation ist der Verbandswechsel in Patient:innen-Zimmern, wo das konsequente Trennen verschiedener Abfallarten für die Mitarbeitenden eine logistische Herausforderung darstellt. Ähnliche Situationen spielen sich tagtäglich im OP-Bereich und auf der Intensivstationen ab, wo deutlich größere Mengen an Umverpackungen und Einwegprodukten pro Patient:in anfallen. Sowohl aus Zeit-, als auch aus Platzgründen wird der Abfall hier oft gar nicht getrennt, da der logistische Aufwand schlichtweg zu hoch ist und die Möglichkeiten stark begrenzt sind. Um eine praktikable Lösung für alle Beteiligten zu finden, muss das Personal daher in Entscheidungen rund um Abfalltrennung und Recycling miteinbezogen werden.
Ein aktueller, positiver Trend ist im Gegensatz dazu die Wiederaufbereitung von (oftmals teuren) Einwegartikeln, beispielsweise von Ablationskathetern in der invasiven Kardiologie. Die benutzten Produkte werden in speziellen Behältern gesammelt und regelmäßig von den Aufbereitungsfirmen abgeholt. Ungelöst ist bislang das Problem bei gleichzeitiger Nutzung von Artikeln verschiedener Hersteller:innen. Da jedes Unternehmen eigene Sammelbehälter verwendet, führt auch dies rasch zu einer logistischen Überforderung in den Funktions- und OP-Bereichen.
3. Umweltverträgliche Entsorgung
Fakt ist: Nicht alle Abfälle können vermieden werden. Daher ist ein richtiges Abfallmanagement im Gesundheitswesen sehr bedeutend und sollte die folgenden Maßnahmen fokussieren:
- Ressourcenschonend agieren
- Wenig(er) Rohstoffe verbrauchen
- Wertstoffe zurückzugewinnen
- Abfälle umweltgerecht entsorgen
Abfälle von Gesundheitseinrichtungen bestehen einerseits aus haushaltsähnlichem Müll, andererseits beinhalten sie zahlreiche spezifische Stoffe, Materialien, Gegenstände und Flüssigkeiten. Sie enthalten unproblematische Anteile wie einfache Servietten, Papier oder Glasflaschen, aber auch Desinfektionsmittelbehälter, Kanülen, Medikamentenreste oder veraltete Medizingeräte, die einer besonderen Entsorgung bedürfen.
Das Europäische Abfallverzeichnis (AVV) unterscheidet Abfälle der humanmedizinischen Versorgung nach Herkunftsbereichen und teilt sie nach Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung und Menge in Kategorien ein, wie beispielsweise:
- Spitze oder scharfe Gegenstände
- Körperteile und Organe
- Infektiöse Abfälle
- Mit Blut, Sekret und Exkret verunreinigte Abfälle
- Chemikalien
- Zytostatikaabfälle und andere Arzneimittel
Eine umweltfreundliche Entsorgung im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes setzt voraus, dass alle Logistikketten und -kreisläufe ganzheitlich betrachtet werden. Dies bedeutet, dass jede Stufe des Prozesses – von der Beschaffung über die Nutzung bis hin zur Entsorgung – so gestaltet sein sollte, dass Abfälle vermieden oder wiederverwertet werden können (siehe Handlungsfeld Lieferkette, Beschaffung und Kreislaufwirtschaft). Um dies zu erreichen, sollten Gesundheitseinrichtungen nachhaltige Maßnahmen ergreifen, wie beispielsweise die Einführung von Zertifizierungssystemen und spezifischen Entsorgungskonzepten für ein effektives Stoffstrommanagement.
(Siehe VDI 5800 Blatt 1 „Nachhaltigkeit in Bau und Betrieb von Krankenhäusern – Grundlagen“).
Die Umsetzung dieses Entsorgungskonzepts erfordert verschiedene Maßnahmen: Allem voran wird eine optimierte Logistik benötigt, die gekennzeichnete, getrennte Sammelbehälter zur Verfügung stellt, welche gemäß dem Abfallaufkommen ausgewählt und gestaltet werden. Hierfür kann eine vorhergehende Erfassung der Abfallmengen und des Entsorgungsrhythmus hilfreich sein. Des Weiteren senkt eine stoffspezifische Zählung und Nutzung von Rücknahme- und Recyclingoptionen den Ressourcenverbrauch. Dies lässt sich beispielsweise für Wertstofffraktionen, Druckerpatronen und Toner, Elektro-Altgeräte, Pumpen, Batterien und Holzfraktionen etablieren.
Womit kann ich direkt anfangen?
- Einführung von Mülltrennsystemen: Deutliche Kennzeichnung der Abfallbehälter mithilfe verschiedener Farben und Größen, um die Trennung der Abfallarten zu erleichtern.
- Verwendung von Mehrwegprodukten: In einigen Bereichen, z.B. bei Schutzbekleidung oder in der Cafeteria, kann die Umstellung von Einweg- auf Mehrwegprodukte sehr einfach und praktikabel sein.
- Bevorzugung von Großgebinden und Nachfülloptionen, z. B. bei Putzmittel
- Prozessoptimierung: Nutzen Sie das nächste Team-Meeting, um sich gemeinsam mit Ihren Kolleg:innen die Prozesse zur Abfallvermeidung anzusehen. Ihnen werden sicherlich einige Abläufe auffallen, durch deren effizentere Gestaltung Ressourcen eingespart werden können.
Langfristige Maßnahmen
- Einrichtung eines Systems zur kontinuierlichen Erfassung und Aufzeichnung von Daten aller Abfallströme, inkl. der Kosten: Messung des Erfolgs und der Kosteneinsparung Ihrer Abfallreduktionsprojekte der nächsten Jahre
- Gründung von Partnerschaften mit Firmen und Recyclingunternehmen: Verschiedene Industrien haben mittlerweile ein großes Interesse daran, bestimmte Materialien wiederzuverwerten und in den Kreislauf zurückzubringen.
- Angebot von Schulungen für Mitarbeitende: Planung und Durchführung von Info-Veranstaltungen, Workshops etc., um das Thema Abfall im Alltag der Mitarbeitenden bewusst zu etablieren.
Co-Benefits
- Entsorgungskosteneinsparung:
Mit der Reduktion des Abfalls und einem guten Trennsystem können Abfallentsorgungskosten gesenkt werden, da die Beseitigung von Plastik- und Papiermüll deutlich günstiger ist als die von Restmüll und infektiösen Abfällen. - Kosteneinsparung im Einkauf:
Durch Verwendung und Recycling von Mehrwegprodukten, sinkt der Bedarf an Einwegprodukten. Neben der Abfallreduktion wird auch die Abhängigkeit von globalen Lieferketten gesenkt. Gerade in Zeiten von multiplen globalen Krisen kann dies ein entscheidender Faktor zur Steigerung der eigenen Resilienz sein.
Best Practice Beispiele für das Handlungsfeld Abfall und Reycling
Abfallvermeidung bedeutet, die eigenen Veranstaltungen ökologisch und nachhaltig auszurichten. „G‘SCHEIT FEIERN – Die steirische Festkultur!“ ist ein Veranstaltungsgütesiegel, das umweltbewusstes und traditionelles Feiern garantiert. Bei Veranstaltungen, die nach den Kriterien von „G‘SCHEIT FEIERN“ ausgerichtet sind, werden kein Wegwerfgeschirr und keine Einweggebinde, wie Getränkedosen oder PET-Flaschen eingesetzt. Mittlerweile hat sich die ÖKO-Service GmbH zur Drehscheibe für die Ausrichtung von abfallarmen Veranstaltungen entwickelt. Geschirrwaschmobil, Mehrwegbecher, Gläser, Teller, Besteck und vieles mehr können ausgeliehen werden. Mehr Informationen unter: Gscheitfeiern.at oder per Presselink.
Um zu vermeiden, dass Werbegeschenke gleich wieder im Abfall landen, müssen diese für die Beschenkten einen Nutzen haben. Daher sollte darauf geachtet werden, dass Werbegeschenke keine Wegwerfprodukte sind, aus unbedenklichen Materialien bestehen und aus der Region kommen. Viele Einrichtungen verwenden bereits regionale Produkte, wie z.B. Kürbiskernöl, Honig oder Marmeladen, die – mit ihrem jeweiligen Logo versehen – als nachhaltige Give-Aways dienen. Mehr Informationen unter: Umweltberatung.at oder per Presselink.
Seit August 2020 existiert ein Leitfaden für die Organisation nachhaltiger Veranstaltungen. Das Dokument enthält Empfehlungen und praktische Hinweise zu den wichtigsten Handlungsfeldern bei der Vorbereitung von Veranstaltungen auf verschiedensten Gebieten. Somit kann es Organisator:innen als Kompass und Grundlage für eine umweltgerechte und sozial verträgliche Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen dienen. Zum Download des Leitfadens gelangen Sie über das Umweltbundesamt oder das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.
Das Universitätsklinikum Bonn hat ein vielschichtiges Entsorgungsmanagement. Abfallmanager Michael Schmitz spart mit einem digitalen Entsorgungskonzept ca. 100.000€ pro Jahr an Entsorgungskosten und ermöglicht zudem für hochwertige, chirurgische Einweginstrumente eine Recyclingoption.
Materialien und Link-Tipps
- Global Green & Healthy Hospital: Waste Guidance Document
- Wissenshäppchen zu Einmalhandschuhen: Indikationen, Co-Benefits und Umweltauswirkungen von Wegwerfhandschuhen
Ihre Projekte
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